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GÜRTELSCHNALLEN DES 6. BIS 8. JAHRHUNDERTS AUS DER SAMMLUNG DES STUDIUM BIBLICUM FRANCISCANUM Ch. Eger Frühchristliche und byzantinische Kleinaltertümer waren im Jahr 2000 in zwei großen Ausstellungen in Jerusalem zu sehen (Israeli/Menorah 2000; Goodnick Westenholz 2000). Dabei standen die Bezüge zum alt- und neutestamentarischen Glauben und ihr künstlerischer Ausdruck im Vordergrund. Unter diesem Aspekt wurden auch einzelne Schnallenbeschläge vorgestellt, wie z.B. die beiden Exemplare mit Darstellung des Kampfes zwischen Samson und dem Löwen (Goodnick Westenholz 2000, 78-79). Abseits ihrer Funktion als Bildträger verdienen Gürtelschnallen als funktionales Kleidungszubehör Beachtung. Aus früh- und mittelbyzantinischer Zeit, vom 5. bis ins 10. Jahrhundert n. Chr., sind aus dem Mittelmeerraum und angrenzenden Gebieten hunderte von Schnallen bekannt. Ihre große Zahl und Formenvielfalt legen ein beredtes Zeugnis von ihrer Bedeutung im Alltag dieser Zeit ab. Dennoch steht die Forschung hinsichtlich einer feineren Chronologie, den Austauschstrukturen, die dem Verbreitungsbild der verschiedenen Schnallentypen zugrunde liegen, und hinsichtlich des Trägerkreises noch vor ungelösten oder erst im Ansatz gelösten Fragen. Während ihr byzantinischer oder allgemein mediterraner Ursprung heute unzweifelhaft ist (vgl. Werner 1955, 36; Russel 1982, 141), wissen wir wenig über die Personen innerhalb des byzantinischen Reiches, die ihren Gürtel mit solchen Schnallen schlossen. Vieles deutet auf den Gebrauch für das cingulum der zivilen und militärischen Amtstracht, wofür sich zuletzt D. Quast und F. Daim aussprachen (Quast 1999; Daim 2000, 185ff.). Eine Überprüfung bedarf auch die Chronologie der mediterranen Schnallen. Ist für das 5. und frühe 6. Jahrhundert grosso modo noch eine Übereinstimmung zu konstatieren (vgl. beispielsweise Kazanski 1994; Quast 1996; ders. 1999), so klaffen die Ansätze für den darauf folgenden Horizont der gegossenen Schnallen mit Ösen deutlich auseinander. Die ältere deutsche Forschung sah in diesen Schnallen vor allem ein Erzeugnis des fortgeschrittenen 6. und 7. Jahrhunderts (Werner 1955; ders. 1988). Ausgehend von den Befunden in den frühmittelalterlichen Gräberfeldern auf der Krim hat die russische Forschung dagegen in den achtziger und LA 51 (2001) 337-350 338 Ch. EGER neunziger Jahren ein Chronologiemodell mit sehr späten Datierungen vorgelegt (Aibabin 1990, 35-50), das von verschiedenen Forschern in Frankreich und Griechenland unkritisch rezipiert wurde. Umgekehrt sah E. Riemer Indizien für eine sehr frühe Zeitstellung bestimmter Schnallen des Gußhorizontes (Riemer 1995, 779 und 783f.). Die bislang umfassendste formenkundlich-chronologische Aufarbeitung der Schnallen ohne Beschlang sowie der Schnallen mit Laschenbeschlag und festem Beschlag leistete jüngst M. Schulze-Dörrlamm (2002). Allerdings wird erst nach der Gesamtvorlage des von ihr bearbeiteten Sammlungsbestandes des Römisch-Germanischen Zentralmuseums in Mainz auch der Horizont der Schnallen mit Scharnierbeschlag des 7. und 8. Jahrhunderts genauer zu beurteilen sein. Neben diesen übergreifenden chronologischen Problemen ist für den Nahen Osten insbesondere die Frage nach einer kontinuierlichen Nutzung mediterraner Schnallentypen über das Ende der byzantinischen Herrschaft hinaus von Interesse. Die drei Problemfelder Chronologie, Verbreitungsbild und dessen zugrunde liegenden Mechanismen sowie Trägerkreis zu beantworten, erfordert eine breite Materialbasis sowie die Kenntnis von Fundort und Fundkontext. Doch die Quellen- und Publikationslage der mediterranen Schnallen ist quantitativ und qualitativ in den verschiedenen Regionen höchst unterschiedlich. Der Nahe Osten gehört innerhalb der Mittelmeerwelt zu den Regionen, aus denen bislang verhältnismäßig wenig Schnallen mit dokumentiertem Fundort und Fundkontext bekannt sind (vgl. z. B. die Verbreitungskarten bei Riemer 1995 und Schulze-Dörrlamm 2002, die diese Lücke deutlich hervortreten lassen). Bislang fehlt eine regionale Aufarbeitung und Übersicht zum byzantinischen Trachtzubehör. Aus Israel und dem Westjordanland sind u.a. einige Schnallen durch die Publikationen zu den Nekropolen von El-Jish und Gezer vorgelegt worden (Makhouly 1935; Macalister 1912); publizierte Siedlungsfunde stehen dahinter zurück. Allerdings erbrachten in den letzten Jahren die Ausgrabungen im Stadtgebiet von Caesarea und Scythopolis/Bet Shean sowie in der Siedlung und im Gräberfeld von Kastra bei Haifa ein beachtliches Spektrum an Schnallen, deren Publikation man mit Spannung entgegen sehen darf. Allein aus Beth Shean liegen fast zwei Dutzend Schnallen und Schnallenbeschläge vor (für die Kenntnis des Materials danke ich R. Calderon und G. Finkielstein, Israel Antiquity Authority, sowie Prof. Dr. Gideon Foerster, Hebrew University, Jerusalem). Doch weitaus größer ist leider die Anzahl derjenigen Schnallen - und im übrigen auch der anderen Kleinaltertümer - des Nahen Ostens, die in GÜRTELSCHNALLEN DES 6. BIS 8. JAHRHUNDERTS 339 den Antikenhandel gelangen. Bei diesen Stücken sind eventuelle Angaben zur Provenienz nur unzureichend und kaum nachprüfbar; ein Fundkontext ist grundsätzlich nicht gegeben. Auch die meisten der hier vorgelegten Schnallen sind aus dem Antikenhandel erworben. Sie gehören zu der Kollektion, die Fr. Godfrey Kloetzle zusammengetragen hat und die nach seinem Tod 1992 der Studiensammlung des Studium Biblicum Franciscanum eingegliedert wurde. Anders als die auf dem europäischen Kunstmarkt angebotenen Stücke besitzen die von Kloetzle erworbenen Schnallen aber den entscheidenden Vorteil, vor Ort angekauft worden zu sein; damit ist sehr wahrscheinlich, das alle Schnallen aus der näheren Region (Israel, Westjordanland, Jordanien) stammen. Unter diesen Umständen bieten die vorliegenden Schnallen einen Ausschnitt des in den Provinzen Palaestina und Arabia getragenen Kleidungszubehörs byzantinischer und frühislamischer Zeit. Für die Möglichkeit, die Fundstücke untersuchen und in Zeichnung und Fotografie dokumentieren zu dürfen, bin ich Prof. Dr. Michele Piccirillo, ofm, zu Dank verpflichtet. Im folgenden beschränke ich mich darauf, die Sammlung als kommentierten Katalog vorzulegen. Eine ausführlichere Besprechung der einzelnen Schnallentypen soll an anderer Stelle erfolgen. Katalog 1. Schnalle mit festem, ovalen Durchbruchbeschlag (Abb.1,1); ovaler Bügel mit eingeschwungener und eingetiefter Dornrast sowie eingeschnittener Bügelbasis; eiserner, korrodierter Dorn, dessen Spitze fehlt; ovaler Beschlag mit vier dreieckigen Durchbrüchen, die in Form eines gleicharmigen Kreuzes angeordnet sind; im Kreuzungspunkt sowie an den Beschlagrändern und seitlich der Dornrast Kreisaugen-Punzierungen; auf der Rückseite drei intakte mitgegossene Ösen, längs zum Beschlag stehend. Bronze, Dorn aus Eisen. L 65 mm; B 37 mm. Drei Schnallen und ein Gegenbeschlag dieses Typs werden im Römisch-Germanischen Zentralmuseum in Mainz aufbewahrt. Die Stücke sollen aus Klerinasien stammen (Schulze-Dörrlamm 2002, 156ff.: Schnallenform D4). Schnallen mit vergleichbarer Beschlagform, aber abweichender Gestaltung der Durchbruchornamentik liegen aus Rammun, Palästina, und Palmyra, Syrien, vor (Taha 1998, 343 Abb. 5,3; Ruprechtsberger 1993, 406 Nr. 24). Diesen Stücken lassen sich bestimmte Varianten der Schnallen vom 340 Ch. EGER Abb. 1: Gürtelschnallen. Studium Biblicum Franciscanum. Typ Sucidava zur Seite stellen, wie etwa zwei Schnallen aus Piatra Freca?ei, Rumänien (Teodor 1991, Abb. 3, 9-10). Datierung: Mittleres und letztes Drittel des 6. Jahrhunderts. 2. Schnalle mit festem Kreuzbeschlag (Abb. 1,2); ovaler, innen achterförmiger Bügel mit eingetiefter Dornrast und profilierter, eingeschnittener Bügelbasis; seitlich der Dornrast je drei diagonale Linien; schlanker Hakendorn mit kleinem rechteckigen Höcker; Beschlag in Form eines GÜRTELSCHNALLEN DES 6. BIS 8. JAHRHUNDERTS 341 gleicharmigen Kreuzes; im Kreuzungspunkt und auf den Armen je eine Kreisaugenpunzierung; Unterseite mit zwei intakten mitgegossenen Ösen, längs zum Beschlag stehend. Bronze. L 56 mm; B 31,5 mm. Innerhalb der großen Gruppe der Schnallen mit festem Kreuzbeschlag überwiegt eine Variante mit kleinem, „verkümmertem“ Kreuzbeschlag, die sich beinahe im ganzen Mittelmeerraum nachweisen läßt (Varsik 1992, 84f.). Seltener ist die vorliegende Variante mit größerem, sauber ausgearbeitetem Kreuz. Zwei enge Parallelen wurden vor einigen Jahren im Kunsthandel angeboten und sollen angeblich aus Kleinasien stammen (Temple 1990, 108 Nr. 78-79). Drei weitere Exemplare, die aus Kleinasien sowie aus Achmim-Panopolis, Ägypten, stammen, gehören zur Mainzer Kollektion (Schulze-Dörrlamm 2002, 199f.: Schnallenform D23). Datierung: Spätes 6. bis 7. Jahrhundert. 3. Schnalle mit festem Kreuzbeschlag (Abb. 1,3); ovaler, innen achterförmiger Bügel mit eingeschwungener und leicht eingetiefter Dornrast sowie profilierter, eingeschnittener Bügelbasis; seitlich der Dornrast diagonale Linien und Winkel; schlichter drahtförmigerHakendorn; Beschlag in Form eines gleicharmigen Kreuzes; von einer Linie gerahmt; im Kreuzungspunkt und auf den Armen je eine, teilweise verschliffene Kreisaugenpunzierung; Unterseite mit zwei intakten mitgegossenen Ösen, längs zum Beschlag stehend. Bronze. L 59,5 mm; B 36 mm. Die Schnalle ist ein direktes Gegenstück zu Nr. 2. Ungewöhnlich ist der schlichte, drahtförmige Dorn, möglicherweise ein Ersatzstück. Datierung: Spätes 6. bis Mitte 7. Jahrhundert. 4. Schnalle mit festem Durchbruchbeschlag (Abb. 1,4); ovaler Bügel mit eingetiefter Dornrast; profilierter Hakendorn; ovaler bis tropfenförmiger Beschlag mit einem kleinen rechteckigen Durchbruch; grobe, diagonal geführte Ritzverzierung; Unterseite mit zwei intakten, parallel und längs zum Beschlag stehenden Ösen. L 45 mm; B 22,5 mm. Fundort: Mount Nebo, Jordanien. Für die Schnalle ist mir keine direkte Parallele bekannt. Ihr ungewöhnlich dicker Beschlag und die grobe Verzierung sprechen für eine Herstellung abseits der städtischen Zentren. Datierung: Spätes 6. bis Mitte 7. Jahrhundert. 5. Schnalle mit festem Beschlag mit schildförmigem Ende (Abb. 1,5); ovaler Bügel mit eingeschnittener und eingetiefter Dornrast sowie eingeschnittener Bügelbasis; schlanker Hakendorn; länglich profilierter Beschlag mit 342 Ch. EGER X-förmiger Rillenzier; auf dem schildförmigem Ende ein kleines Loch. Bronze. L 53,5 mm; B 19 mm. Der Schnallentyp wurde von S. Uenze definiert. Sie konnte sieben Exemplare nachweisen, die sich auf dem Balkan, der Ägäis und dem Schwarzen Meer verteilen (Uenze 1966, 165ff.). Inzwischen liegen weitere Schnallen u.a. aus Italien, Tunesien und Syrien (Gräberfeld Hama: Ploug 1986, 98 Abb. 34a) vor. Mit dem erst kürzlich geborgenen Exemplar von Kastra bei Haifa ist auch ein Stück aus Israel bekannt (unpubliziert; freundliche Mitteilung von G. Finkielstein). Weitere Parallelen und Varianten, die bis ins östliche Frankenreich zu verfolgen sind, stellte jüngst M. SchulzeDörrlamm zusammen (Schulze-Dörrlamm 2002, 221-224, Schnallenform D35). Die Schnallen mit schildförmigem Ende sind daher kein regionaler, auf den nordöstlichen Mittelmeerraum beschränkter Typ, sondern erweisen sich als circummediterrane Form. Datierung: Spätes 6. bis mittleres Drittel 7. Jahrhundert n. Chr. 6. Schnalle mit leierförmigem Scharnierbeschlag (Abb. 2,1); ovaler Bügel mit eingeschwungener und eingetiefter Dornrast sowie spitz ausgezogener Bügelbasis; Ösendorn mit langrechteckigem Höcker, in dessen Mitte eine langovale Aussparung für eine verlorene Einlage sitzt; Beschlagvorderteil mit einem stilisierten vegetabilem Dekor aus Punktund Kommapunzen; Hinterteil als Spitzoval gestaltet, mit großem Durchbruch gleicher Form; grobe Pseudoperldrahtrahmung; Unterseite mit drei intakten, aber verschliffenen Ösen; die beiden vorderen längs, die hintere Öse quer zum Beschlag stehen. Bronze. L 83 mm; B 32,5 mm. Schnallen mit leierförmigem Beschlag sind für die Mitte und zweite Hälfte des 7. Jahrhunderts typisch (Typ Trapezunt: Werner 1955, 36f.). Zu den verschiedenen Schnallentypen mit leierförmigem Beschlag zählen solche mit großem spitzovalem Beschlaghinterteil, das geschlossen oder – seltener – durchbrochen gearbeitet sein kann (durchbrochen: Hama, Syrien; Ploug 1985, 220 Abb. 54d). Eine mit dem vorliegenden Stück gut vergleichbare Schnalle stammt aus dem awarenzeitlichen Gräberfeld Kölked-Feketekapu A, Ungarn, und gehört in das mittlere Drittel des 7. Jahrhunderts (Kiss 1996, 207 und 483 Taf. 69.A 329,6). Datierung: Zweites und drittes Drittel des 7. Jahrhunderts. 7. Schnalle mit herzförmigem Scharnierbeschlag vom Typ Bologna (Abb. 2,2); breitovaler Bügel; schlichter Ösendorn; Beschlag mit großem herzförmigem Durchbruch; Unterseite mit zwei intakten mitgegossenen Ösen, längs zum Beschlag stehend. Bronze. L 46,5 mm; B 28 mm. GÜRTELSCHNALLEN DES 6. BIS 8. JAHRHUNDERTS 343 Abb. 2: Gürtelschnallen. Studium Biblicum Franciscanum. Fundort: Mount Nebo, Jordanien. Bereits Werner vermutete eine weite Verbreitung der Schnallen vom Typ Bologna, konnte aber nur einige Schnallen aus Oberitalien und dem Balkan nachweisen (Werner 1955, 38 mit Karte 2). Inzwischen sind eine Vielzahl von Schnallen auch aus dem südlichen und östlichen Mittelmeerraum bekannt. Der Typ ist in Karthago, Tunesien (Eger 1999, 12 Abb. 4-5), ebenso vertreten wie auf der Insel Samos, Griechenland (Martini/Steckner 1993, 120, Abb. 35 und 196 Abb. 45 mit Verbreitungskarte 344 Ch. EGER Abb. 3: Gürtelschnallen. Studium Biblicum Franciscanum. und Fundliste). Die münzdatierten Befunde aus Samos, Grab 1 und 3, sind in die erste Hälfte bis Mitte des 7. Jahrhunderts zu datieren. Datierung: Um 600 bis Mitte/zweite Hälfte 7. Jahrhundert. 8. Leierförmiger Scharnierbeschlag einer Christus-Schnalle (Abb. 2,3); reliefierter Beschlagdekor: Vorderteil mit zwei kleinen, von Ranken gerahmten Medaillons, die verschliffene Büsten in Dreiviertelansicht zeigen, vermutlich die Apostel Peter und Paul; der scheibenförmge, von einem GÜRTELSCHNALLEN DES 6. BIS 8. JAHRHUNDERTS 345 Pseudoperlband gerahmte Hinterteil zeigt ein Medaillon mit Brustbild des kreuznimbierten Christus; Unterseite mit zwei intakten mitgegossenen Ösen, längs zum Beschlag stehend. Bronze, Relief verschliffen. L 44 mm; B 21,5 mm. Von dem Schnallentypus existieren verschiedene Varianten: anstelle des Brustbildes Christi sind auch die eingangs erwähnte Darstellung von Samson im Kampf mit dem Löwen (Goodnick Westenholz 2000, 78f.) sowie rein zoomorphe oder vegetabile Darstellungen bekannt. Bislang fehlen Stücke mit gesichertem Fundort, doch liegen mehrere Schnallen aus dem kleinasiatischen und nahöstlichen Raum vor (vgl. Schlunk 1939, Taf. 44 Nr. 156: Herkunft „Syrien“). Datierung: 7. Jahrhundert. 9. Hufeisenförmiger Scharnierbeschlag einer Schnalle vom Typ Hippo Regius (Abb. 2,4); Beschlag von einer Linie gerahmt; im Zentrum die frontale Darstellung eines aufrecht stehenden Mannes, der in der Rechten eine Peitsche, in der Linken einen Stock (?) hält; zu beiden Seiten kleine Altäre; Unterseite mit drei mitgegossenen intakten Ösen; die beiden vorderen längs, die hintere Öse quer zum Beschlag stehend. Bronze. L 46,5 mm; B 31 mm. Eine fast identische Schnalle aus Karthago publizierte M. Mackensen (1999, 533 mit Abb. 2,11). Er deutet die in den Armen gehaltenen Gegenstände auf der Schnalle aus Karthago als Palmwedel und bringt die Darstellung mit einer siegreichen Teilnahme an Circusspielen in Verbindung.Trotz der hier abweichenden Attribute scheint ein Bezug auf den Circus möglich (Dompteur?). Schnallen vom Typ Hippo Regius sind aus dem gesamten Mittelmeerraum bekannt; ihre Verbreitung konzentriert sich jedoch in Italien und Nordafrika (vgl. Riemer 1995, 790-793 mit Fundliste 807f.; Eger 1999, 13f.). Datierung: Zweite Hälfte 6. bis Mitte 7. Jahrhundert. 10. Langer U-förmiger Scharnierbeschlag einer Schnalle vom Typ Qanawat (Abb. 3,1); auf die unverzierte Grundplatte ist das Blech mit Durchbruchverzierung aufgenietet; zwei der ursprünglich drei Niete sind auf der Unterseite noch erkennbar; Randdekor aus Dreieckpunzen und Winkeln; den vorderen Abschluß ziert eine Weinranke; das Bildfeld zeigt ein nach links schreitendes Tier mit aufgebogener Schnauze, dessen Fell mit feinen Strichen angedeutet ist; zu Füßen des Tieres sprießen Ranken, die in fein geäderten Blättern enden; Unterseite mit zwei intakten mitgegossenen Ösen, längs zum Beschlag stehend;. Bronze. L 62 mm; B 21 mm. 346 Ch. EGER Abb. 4: 1 Konstruktion einer Schnalle vom Typ Qanawat. 2 Gürtelschnalle, British Museum (Mit Erlaubnis der Kuratoren des British Museum, London). Die Schnalle gehört zu einer mittlerweile einige Dutzend Schnallen umfassenden Gruppe, die von Th. Fischer als Typ Qanawat bezeichnet wurde (Fischer 1999, 169f.). Obwohl er den Typ auf Schnallen mit Tierkampfszenen mit abgesetztem Randdekor beschränken möchte, halte ich bei der Typdefinition die lange U-förmige Beschlagform und deren besondere Konstruktionsweise für ausschlaggebend (vgl. die Konstruktionszeichnung Abb. 4) und dehne daher die Typbezeichnung entsprechend aus. Die Verbreitung dieser Schnallen scheint sich, soweit der Fundort bekannt ist, auf den Nahen Osten zu beschränken. Das vorliegende Stück hat eine recht genaue Parallele in einer Schnalle aus dem British Museum, für die eine Herkunft aus Jerusalem wahrscheinlich ist (Werner 1988, 307 Anm. 14 und Taf. 52,2; hier Abb. 4,2). Entgegen Werner wird man die Darstellung nicht ohne weiteres als Kampf des Hirschen gegen den Drachen deuten können, wie sie uns der Physiologus als Allegorie auf den Sieg Christi über den Teufel mitteilt (Seel 1987, 43f.). Zumindest wäre es eine um Wesentliches verkürzte Darstellung, die auf die Wiedergabe des Drachen sowie die Kennzeichnung des Hirsches mittels Geweih verzichtet. GÜRTELSCHNALLEN DES 6. BIS 8. JAHRHUNDERTS 347 Die Datierung des Schnallentypus kann nur anhand formenkundlicher Überlegungen erfolgen. Der lange U-förmige Beschlag und die gewöhnlich damit verbundene Bügel- und Dornform, wie etwa beim Londoner Stück, gehören innerhalb des 7. Jahrhunderts zu einer jüngeren Entwicklung, die möglicherweise noch bis ins 8. Jahrhundert andauert (vgl. dagegen den auf historische Überlegungen gestützten Datierungsvorschlag Fischers 1999, 173 Anm. 18; sicherlich auch zu früh: Werner 1988, 304). Datierung: Fortgeschrittenes 7. Jahrhundert bis frühes 8. Jahrhundert. 11. Langer U-förmiger Scharnierbeschlag einer Schnalle vom Typ Qanawat (Abb. 3,2); eine der beiden Scharnierösen abgebrochen; das aufgenietete Zierblech ist in erhabenem Relief gearbeitet; es zeigt zwei nach links eilende Tiere; das vordere blickt sich um, während das hintere, ein Raubtier, mit weit aufgerissener Schnauze nach dem vorderen schnappt und seinen Schwanz nach oben geworfen hat; das Bildfeld wird von Punktpunzen und am vorderen Abschluß von Winkeln mit Dreieckpunzen gerahmt; auf der Unterseite zwei intakte mitgegossene Ösen, längs zum Beschlag stehend. Bronze. L 58,5 mm; B 19,5 mm. Beschlagform und –technik sind mit Schnalle Nr. 10 identisch; allerdings zeigt der Beschlag im Profil statt des flachen Durchbruchmusters ein erhabenes Relief. Eine ganz ähnliche Schnalle aus dem Berliner Museum für Spätantike und frühchristliche Kunst deutete Werner als verkürzte Darstellung einer mythologischen Tierskampszene aus der Vorstellungswelt des Physiologus (Werner 1988, 307f. mit Taf. 51,2). Demnach handelt es sich bei dem Raubtier um den Panther, der zusammen mit dem hier fortgelassenen Fischotter den Drachen erlegt. Wesentlich zum Verständnis dieser Lesart trägt die Münchener Goldschnalle bei, die alle drei Tierfiguren sowie einen in der Ecke kauernden Vogel zeigt (Werner 1988, 302 Abb. 1 und Taf. 51,1). Datierung: Fortgeschrittenes 7. Jahrhundert bis frühes 8. Jahrhundert. 12. Fragment einer Schnalle mit langem, U-förmigen Scharnierbeschlag vom Typ Qanawat (Abb. 3,3); Bügel bis auf die geschwungene Basis verloren; vom Dorn ist nur die breite Dornöse erhalten, die noch auf der Achse steckt; Beschlag mit aufgenietetem Zierblech, dessen Dekor zweigeteilt ist: im Vorderteil ein stark stilisiertes vegetabiles Geflecht, mit Punktpunzen und Querstrichen verziert; Hinterteil in Form eines punktverzierten Medaillons, das ein gleicharmiges Kreuz mit verdickten Enden und rhombischer Kreuzmitte umschließt; schlichter Randdekor aus Punktpunzen; Unterseite mit zwei intakten mitgegossenen Ösen, längs zum Beschlag ste- 348 Ch. EGER hend. Bronze. L noch 63 mm, Beschlag 57 mm; B noch 21,5 mm, Beschlag 21 mm. Ein identisches Stück mit etwas qualitätvoller ausgearbeitetem Durchbruchdekor wird in München aufbewahrt (Fischer 1999, 170, Abb. 12). Das vegetabile Geflecht ist hier als solches deutlicher zu erkennen; offenbar entspringt es einem zweihenkligen Gefäß. Innerhalb des Medaillons entpuppen sich die verdickten Kreuzarmenden als – kaum noch lesbare – Buchstaben; vermutlich wird es sich um das von anderen Kreuzmonogrammen bekannte fw◊ß zwh/ (=Licht Leben) handeln, worauf auch das einzig noch erkennbare Sigma deutet. Datierung: Fortgeschrittenes 7. bis frühes 8. Jahrhundert. 13. Langer U-förmiger Scharnierbeschlag einer Schnalle vom Typ Qanawat (Abb. 3,4); das aufgenietete Blech mit Durchbruchverzierung wird von Punktpunzern, die durch kurze vertikale Striche unterteilt sind, gerahmt; nach links schreitendes Dromedar, davor ein nicht näher kenntliches vegetabiles Geflecht; Unterseite mit zwei intakten mitgegossenen Ösen, längs zum beschlag stehend. Bronze. L 44 mm; B 17 mm. Die relativ bescheidene Darstellung des Dromedars ist bislang ohne Parallele. Sie verweist aber auf die regionale Herkunft des Schnallentyps. Anders als bei den vorangegangenen Exemplaren des Typs Qanawat, denen ein mehr oder weniger deutlicher christlicher Bedeutungsinhalt unterstellt wurde, darf man dieser Darstellung einen eher volkstümlichen Charakter zubilligen. Datierung: Fortgeschrittenes 7. bis frühes 8. Jahrhundert. 14. Langer U-förmiger Scharnierbeschlag, einteilig (Abb. 3,5); das in erhabenem Relief gearbeitete Bildfeld ist von einer U-förmigen Rille gerahmt; es zeigt eine Raubkatze (?) in aufrecht hockender Position, der Kopf ist nach links gewandt; Unterseite mit zwei mitgegossenen Ösen, längs zum Beschlag stehend; die vordere Öse ist aufgeschliffen. Bronze. L 53 mm; B 22 mm. Eine genaue Parallele ist nicht bekannt; die Schnalle gehört zum Typus der Tierdarstellungen in erhabenem Relief auf langen U-förmigen Beschlägen (vgl. etwa Goodnick Westenholz 2000, 113 Nr. 90: Darstellung eines Seeungeheuers). Aufgrund der Beschlag, Bügel- und Dornform dieses Stükkes läßt sich der Typ in denselben Zeitraum datieren wie der Typ Qanawat. Datierung: Fortgeschrittenes 7. bis frühes 8. Jahrhundert. 15. Langer U-förmiger Scharnierbeschlag einer Schnalle vom Typ Qanawat (Abb. 3,6); eine der beiden Scharnierösen ist vollständig abgebrochen, die GÜRTELSCHNALLEN DES 6. BIS 8. JAHRHUNDERTS 349 andere nur im Ansatz erhalten; das aufgenietete Zierbelch ist seitlich von einfachen Punktpunzen, am vorderen Abschluß von Winkeln und Punktpunzen in Dreipaßstellung gerahmt; grob ausgearbeitete, auch in Folge von Beschädigungen schwer zu deutende Durchbruchornamentik; dargestellt ist wohl ein Vogel und vegetabiles Geflecht; Unterseite mit zwei längs zum Beschlag stehenden Ösen; die hintere fehlt. Bronze. L noch 48 mm; B 19 mm. Datierung: Fortgeschrittenes 7. bis frühes 8. Jahrhundert. Christoph Eger Deutsches Archäologisches Institut - Abteilung Madrid Literatur Aibabin1990: A.E. 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